NEU Pflegegeld für Kinder & Jugendliche

 

Wir berichten über den Verordnungs-Entwurf zur Pflegegeldeinstufung von Kinder & Jugendliche in Österreich.

Am 30.Juni 2016 folgte das Sozialministerium unserer Einladung. Zusammen mit anderen Vertretern von Sozialorganisationen, Rechtsanwälten, Richtern und Kinderärzten diskutierten wir die im Herbst ganz NEU zu beschließende PFLEGEGELD-EINSTUFUNGSVERORDNUNG für KINDER & JUGENDLICHE. 

Nachfolgend sehen Sie den ENTWURF im Detail und auch zum Download. Unsere Stellungnahme ist ebenfalls zum Nachlesen am Schluss veröffentlicht.

 

Vorweg ein paar interessante allgemeine Zahlen über das Pflegegeld des Sozialministeriums (Parlamentarische Anfrage Nr. 8718/J):

Die Anzahl der Reduktionen von Pflegegeld (PG) ist zwischen 2012 und 2015 auf 4.907 Tsd. Fälle (Stand: 2015) stetig angestiegen.

Im Jahr 2015 haben 77.969 Tsd. Personen insgesamt einen Antrag auf PG-Gewährung eingebracht, davon wurden gesamt 64.332 Tsd. Personen das PG gewährt und zugesprochen. Dennoch wurde 17.011 Tsd. Personen das PG abgelehnt. Die Anzahl der Ablehnungen ist im Hinblick auf die Zahl der gestellten Anträge seit 2012 relativ konstant. 

Im Jahr 2015 haben insgesamt 101.259 Tsd. Personen einen Antrag auf PG-Erhöhung eingebracht, davon wurde 70.993 Tsd. Personen die PG-Erhöhung zuerkannt und 26.284 Tsd. Personen wurde die Erhöhung abgelehnt. Die Zahl der Ablehnungen ist im Hinblick auf die Zahl der Anträge seit 2012 relativ konstant geblieben.

Die PV-Träger brauchen durchschnittlich zwischen 31 und 90 Tagen zur Bearbeitung von PG-Anträgen.

Im Jahr 2014 (Daten aus dem Jahr 2015 liegen noch nicht vor) gab es 213.722 Tsd. PG-Entscheidungen der PV-Träger (umfasst Neu- und Erhöhungsanträge), 10.795 Tsd. Personen brachten eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht ein. 

Über 50% also jede 2. Klage führte zu einer höheren Einstufung des PG. Jedoch nutzen aus unserer Sicht noch viel zu wenige Personen das Rechtsmittel, unser Verein klagt kostenlos und dies bundesweit.

Mit 31.Dezember 2015 bezogen 451.753 Personen Pflegegeld. Die PVA war für die überwiegende Mehrheit (344.016) die auszahlende Stelle.

2015 ersparte sich der Bund 1.222.028,30 Mio. Euro durch eine festgestellte Minderung des Pflegegeldes. Diese Summe steigt seit 2012 stetig weiter an.

Der Bund ersparte sich im Jahr 2015 durch Entziehung des PG 870.155,10 Tsd. Diese Summe ist seit 2013 leicht rückgängig.

2015 ist der PGAufwand des Bundes mit 23.894.597,00 Mio. seit dem Jahr 2012 um rund 3 Mio. rückläufig. 

Der PG-Neuzuerkennungs-Aufwand des Bundes 2015 mit
21.675.122,60 Mio. ist im Vergleich zu 2014 um rund 2,5 Mio. rückläufig. 

Im Jahr 2015 hat der gesamte Pflegeaufwand incl. der Verwaltungskosten des Bundes 2,463.336.173 Mrd. ausgemacht. 

Die Anzahl der PG-Gutachter ist seit 2013 von 1.674 Tsd. auf 1.602 Tsd. im Jahr 2015 zurückgegangen. 

 

Bei Fragen kontaktieren Sie uns bitte HIER.

 

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ENTWURF 6/2016

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nach dem Bundespflegegeldgesetz (Kinder-Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz – Kinder-EinstV)

 

Problemanalyse

Für die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ist nach § 4 Abs. 3 BPGG nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht.
Diese Bestimmung sollte klarstellen, dass alle (auch nicht behinderte) Kinder und Jugendliche bis zu einem gewissen Alter und je nach Verrichtung einen sogenannten natürlichen, alters- und entwicklungsabhängigen Pflegebedarf haben, der bei der Beurteilung des Pflegebedarfs nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG) nicht zu berücksichtigen ist.
Das Konsensuspapier zur einheitlichen, ärztlichen und pflegerischen Begutachtung nach dem Bundespflegegeldgesetz mit einem eigenen Abschnitt für die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen sollte als Leitlinie und Arbeitsbehelf bei der Beurteilung des Pflegebedarfs dienen. Das Konsensuspapier ist nach § 29a der Richtlinien des Hauptverbands über die einheitliche Anwendung des Bundespflegegeldgesetzes (RPGG 2012) von den Sachverständigen der Entscheidungsträger bei der Befund- und Gutachtenserstellung jedenfalls zu beachten. Nach der Rechtsprechung des OGH ist das Konsensuspapier für die Gerichte hingegen nicht bindend (OGH RS0106385).
Die Gerichte beurteilten mangels für sie bindender pauschalierter Zeitwerte für Kinder und Jugendliche den konkreten individuellen Mehrbedarf von Kindern und Jugendlichen nach § 4 Abs. 3 BPGG im Vergleich zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Kind bzw. Jugendlichen (= Berechnung des pflegebedingten Mehraufwands durch Abzug des natürlichen Pflegebedarfs).

Ziel(e)

Um einheitliche Maßstäbe für die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen für die Entscheidungsträger und die Gerichte zu schaffen, soll eine eigene Verordnung über die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nach dem Bundespflegegeldgesetz (Kinder-Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz – Kinder-EinstV) erlassen werden.

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):
Die im gegenständlichen Entwurf enthaltenen Altersgrenzen und Zeitwerte wurden anhand der Zeitwerte des Konsensuspapiers von ExpertInnen wie z.B. KinderfachärztInnen, VertreterInnen der mobilen Kinderhauskrankenpflege und KinderkrankenpflegerInnen auf Basis langjähriger Erfahrung überprüft. Es stellte sich heraus, dass die bereits im Konsensuspapier enthaltenen Zeitwerte nach wie vor der Praxis und dem medizinischen wie auch pflegerischen Stand entsprechen, weswegen von diesen keine Abweichung erfolgen und die bisherige Einstufungspraxis der Entscheidungsträger beibehalten werden soll.
Wie bisher soll der natürliche Pflegebedarf, der auch bei gleichaltrigen nicht behinderten Kindern oder Jugendlichen besteht, außer Acht gelassen und nur der darüber hinausgehende Pflegebedarf berücksichtigt werden.
Mit dem gegenständlichen Entwurf einer Kinder-EinstV sollen einerseits Altersgrenzen festgelegt werden, ab denen kein natürlicher Pflegebedarf mehr anzunehmen ist und somit keine Differenzrechnung mehr vorzunehmen ist. Andererseits sollen Zeitwerte festgelegt werden, die im Regelfall für die Beurteilung des Pflegebedarfs herangezogen werden sollen. Diese Zeitwerte sind – wie bereits in der EinstV – Richtwerte, Mindestwerte und fixe Zeitwerte. Abweichungen von Richt- oder Mindestwerten sollen wie bisher – im Sinne der dazu bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs – möglich sein (OGH RS0058292 und RS0106494).
Die konkrete individuelle Berücksichtigung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen ist weiterhin möglich. Bis zum Erreichen der jeweiligen Altersgrenze ist bei den einzelnen Verrichtungen ein allenfalls festgelegter natürlicher Pflegebedarf in Abzug zu bringen. Sofern es die besondere Pflegesituation des Kindes oder des Jugendlichen verlangt, kann bereits vor Erreichen der Altersgrenze ein Pflegemehrbedarf berücksichtigt werden. Ab Erreichen der festgelegten Altersgrenze ist jedenfalls kein natürlicher Pflegebedarf mehr zu berücksichtigen.
Bezüglich des Umfangs und des Ausmaßes der einzelnen Verrichtungen und Pflegemaßnahmen soll – sofern vorhanden – die bestehende Judikatur des OGH weiterhin herangezogen werden.
Die §§ 3 bis 7 der EinstV sollen für die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen weiterhin angewandt werden.
Schließlich sollen für die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen bevorzugt FachärztInnen für Kinder- und Jugendheilkunde bzw. für die Neubemessung auch eine diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegefachkraft, spezialisiert auf Kinder- und Jugendlichenpflege, eingesetzt werden, die den individuellen Pflegebedarf der Kinder und Jugendlichen besonders berücksichtigen können. 

Es ist beabsichtigt, den gegenständlichen Entwurf der Kinder-EinstV gemäß § 4 Abs. 7 Bundespflegegeldgesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 12/2015 zu behandeln.
Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag
Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Sicherung der Pflege für pflegebedürftige Menschen und Unterstützung von deren Angehörigen“ der Untergliederung 21 Soziales und Konsumentenschutz im Bundesvoranschlag des Jahres 2016 bei.
Finanzielle Auswirkungen auf den Bundesh
aushalt und andere öffentliche Haushalte:
Zweck der Einstufungsverordnung für Kinder und Jugendliche ist das Herstellen von Rechtssicherheit und einen bundeseinheitlichen Vollzug sicherzustellen. Da die bisherige Praxis bzw. Einstufung der Kinder und Jugendlichen von den ExpertInnen bestätigt wurde, soll an dieser festgehalten werden. Es ist daher davon auszugehen, dass sich an der Einstufung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nichts ändern wird und es sohin zu keiner höheren Pflegegeldeinstufung und somit zu keinen finanziellen Auswirkungen kommen wird.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das Pflegegeld wird im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit europarechtlich koordiniert.

ENTWURF hier zum Download 6/2016

ENTWURF -besonderer Teil hier zum Download

 

Verein ChronischKrank Stellungnahme zum ENTWURF 

Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass man Richtwerte für die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen in einer eigenen Verordnung regelt und diesbezüglich gegenüber erwachsenen Pflegebedürftigen differenziert.

Aus unserer Sicht erscheinen die angebenden Richtwert-Zeiträume für die einzelnen Pflegebereiche jedoch extrem knapp bemessen. Dies ist aber weniger einer juristische als eine pflegerisch fachliche Frage.

Dringend anmerken möchten wir aber jedenfalls die Bestimmung des §7 des Verordnungsentwurfs. Danach sind Abweichungen von den Richtwerten nur zu berücksichtigen, wenn der tatsächliche Pflegebedarf vom Pauschalwert um annähernd die Hälfte abweicht. Diese Bestimmung ist für uns nicht nachvollziehbar.

Da es sich nur um Richtwerte handelt, müsste es unseres Erachtens immer möglich sein, einen konkreten höheren Pflegebedarf für einzelne Tätigkeiten/Verrichtungen im Einzelfall nachzuweisen. Wenn dieser Nachweis gelingt, müsste jedenfalls dieser höhere Zeitaufwand in Ansatz gebracht werden und nicht bloß der Richtwert.

Pflegemaßnahmen mit therapeutischem Effekt sind beim Betreuungs- und Unterstützungsbedarf für die Zuerkennung des Pflegegeldes miteinzubeziehen. Es ist der tatsächliche Pflegeaufwand für die Begleitung zu Therapien und Arztbesuchen zu bewerten und heranzuziehen.

Des Weiteren wollen wir darauf hinweisen, dass vor allem Kinder und Jugendliche mit einem „auffälligen“ Verhalten (wie zum Beispiel ADHS, Asperger Syndrom, Autisten), psychiatrische Krankheitsbilder kaum beziehungsweise zu wenig in dieser Verordnung berücksichtigt werden.

„Familien mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen müssen ausreichend finanzielle Unterstützung und leistbare Unterstützungsangebote zur Verfügung gestellt bekommen, damit Kinder mit Behinderungen im Familienverband leben können und bestmöglich für ein selbstbestimmtes Leben vorbereitet und befähigt werden. Eltern müssen die Möglichkeit haben, einen Beruf auszuüben und mit ihrem behinderten Kind ein Leben in der Mitte der Gesellschaft führen zu können (ÖAR 6/16)“.

Obmann Mag. Jürgen E. Holzinger, 20.6.2016

Chronisch Chrank

Stellungnahme Verein ChronischKrank hier zum Download

Eine Antwort

  1. Abweichungen von Richt- oder Mindestwerten sollen wie bisher – im Sinne der dazu bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs – möglich sein (OGH RS0058292 und RS0106494).
    Es ist soooo traurig dass man als Mutter eines Autistischem Jugendlichen der/die absolut keine Gefahreneinschätzung besitzt und Eigen-und Fremdgefährdend ist – sich dementsprechend auch gegen Pflegemaßnahmen körperlich wehrt ……,..,…..,….,,,(will nicht aussteigen vom Auto und drückt z.b. beim „Verspreizen“ der Beine mit aller Gewalt die Windschutzscheibe des Autos hinaus…..) sich vor Gericht nur als „Zeuge“ der einvernommen wird und mundtot gemacht wird und ggf. sogar mit Vergleichen die zwangsweise geschlossen werden weil man sonst angedroht bekommt dass man wenn man dagegen beruft (sprich sich nicht zufrieden gibt mit dem „Angebot“ – einer um 2 Stufen zu niedrigen Pflegestufe- dann könnte man damit rechnen, dass man auf Pflegestufe 3 zurückfällt obwohl Pflegestufe 6 gerechtfertigt ist aber das Gericht schlägt Pflegestufe 4 vor…….)
    ich kann das ganze nicht mehr hören, lade sämtliche Vertreter des Landes, Sachverständige …..mal auf ein Wochenworkshop zu meiner Pflegesituation nachhause ein um z.b, Fälle wie meine autistische Tochter vor Ort zu sehen…..- aja, welches Kind mit 15 Jahren verwechselt eine Zwiebel mit einem Apfel und beißt in diese genüsslich hinein, um dann nach dem 3. Bissen ein schmerzverzerrtes- tränennasses Gesicht zu haben, weil die Wahrnehmung nicht gleich einsetzt – – aber nein, – sie kann ja „zielgerichtet“ ihre Hand zum Mund führen und ist daher ein „super“ Pflegefall, weil gehen kann sie ja auch….. hier beachtet man natürlich auch nicht dass sie keine einzige Sekunde (auch im Haus nicht- Mobilitätshilfe im engeren Sinn) alleingelassen werden kann….. draussen schon gar nicht (Mobilitätshilfe im weiteren Sinn)- der Mutter wird einfach unterstellt das sie eine höhere Stufe haben will für ihr Kind als das was ihr eigentlich zusteht……WARUM will dann eine Pflegerin lieber bei einer „alten Omi oder Opi die nicht laufen davon und liegen im Bett und ich kann schauen fernsehen, Kochen in Ruhe“- pflegen……..?
    aja, Pflegerinnen haben Anspruch auf 3 h täglich Pause, haben Anspruch auf 14 Tage Ruhezyklus, auf Nachtruhe, auf ein eigenes „versperrbares Zimmer mit TV und Internet“ aber eine pflegende Mutter kann davon nur träumen, dass sie falls sie mal nicht mehr kann- (Therapien, Kreuzschmerzen, Rheuma, Chemotherapie) eine Hilfe für 3 h im Haus bei der Pflege zuhause bereitgestellt zu bekommen, dieser Mutter wird einfach so „hingeprescht“ :“Wenn Sie es nicht mehr schaffen, dann geben Sie halt ihr Kind in eine Einrichtung“- aja, in Einrichtungen da arbeitet aber kein Betreuer 744 h im Monat….. ODER?

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