Benachteiligung von Menschen mit Behinderung bei der Berechnung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

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Linz, Enns: 26.06.2014
Betreff: Benachteiligung von Menschen mit Behinderung bei der Berechnung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Oberösterreich
 
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer!
Sehr geehrte Frau Landesrätin Mag. Jahn!
Sehr geehrter Herr Landesrat Dr. Haimbuchner!
Sehr geehrter Herr Landesrat Anschober!
 
Nunmehr soll es zu einer folgenschweren Entscheidung bei der Berechnung des Mindesteinkommens, aufgrund der ungerechtfertigten Berücksichtigung des Bezuges der erhöhten Familienbeihilfe, des Pflegegeldes sowie eines Unterhaltsanspruches kommen. Der „partikuläre“ Weg der OÖ Landesregierung soll durch eine Weiterführung der diskriminierenden Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe/Pflegegeldes einzementiert werden.
Die Auswirkungen dieser Regelung sind gravierend, weshalb sich die im
Dezember 2013 gegründete Plattform eine gemeinsame Äußerung erarbeitet hat, welche die Anliegen der durch die Neuregelung betroffenen Personengruppe vertritt:
Wir erlauben uns Ihnen kurz die Situation einer Vielzahl an Betroffenen zu skizzieren, damit Sie einen Einblick in den äußerst problematischen Alltag von Eltern mit Kindern mit Behinderungen bzw. Selbstbetroffenen  haben:
Ein sehr hoher Prozentanteil von Müttern mit behindertenKindern lebt getrennt vom Kindesvater und sind somit als Alleinerzieherinnen gefordert, den Bedürfnissen der Kinder ohne Unterstützung eines Partners nachzukommen. Oft scheitern Beziehungen an der großen Anstrengung, die es bedeutet, ein Kind mit einem sehr hohen Betreuungsbedarf zu versorgen.
Einer Berufstätigkeit kann der alleinerziehende Elternteil in vielen Fällen nicht nachgehen, da (zumeist) die Mütter durch die aufwendige Pflege ohnedies mit ihren Energiereserven am Ende sind.
Dazu kommen noch die psychischen Belastungen durch Existenzängste die viele Eltern/AlleinerzieherInnen plagen. Bürokratische Hürden erschweren zusätzlich den Alltag.
Einer Berufstätigkeit von Alleinerziehenden mit Kindern mit Behinderung steht die nur spärliche Versorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen diametral gegenüber. So werden Kinder mit Behinderung oft nur für wenige Stunden oder gar nicht in Kindergärten, Schulen oder Einrichtungen der Behindertenhilfe betreut. Viele Kinder mit schweren Beeinträchtigungen leiden auch immer wieder an schweren chronischen Erkrankungen (hohe Infektanfälligkeit, Anfallsgeschehen, usw.), welche dann zu Hause auf die Pflege/Betreuung durch den alleinerziehenden Elternteil angewiesen sind.
Die Vereinbarkeit einer Berufstätigkeit mit der Betreuung eines Kindes mit Behinderung bedeutet eine sehr große Herausforderung. Insbesondere da es nur sehr selten gelingt, diesen Betreuungsbedarf durch entsprechende öffentliche Strukturen zu befriedigen.
Übrig bleiben fast immer die Mütter, die meist in allen Lebensbereichen gänzlich auf sich alleine gestellt sind.
Kinder die einen sehr hohen behinderungsbedingten Betreuungsaufwand haben, erhalten in der Folge einen entsprechenden  Aufwandersatz in Form des Pflegegeldes sowie der erhöhten Familienbeihilfe.
Sowohl das Pflegegeld als auch die erhöhte Familienbeihilfe werden bei der Berechnung der Mindestsicherung eines Elternteiles als Einkommen herangezogen, weshalb (meist) Mütter mit Kindern mit hohem Pflegebedarf folglich keine oder nur eine geringe Mindestsicherung erhalten. Gleiches gilt auch, wenn ein sonstigernaher Angehöriger betreut wird.
Auch Menschen mit Behinderung, die eine eigene Wohnung bewohnen und Pflegegeld bzw. erhöhte Familienbeihilfe beziehen sind von der „Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe“ als Einkommensbestandteil bei der Mindestsicherung durch den verminderten Richtsatz betroffen. Aufgrund der Behinderung/Erkrankung/ psychischen Beeinträchtigung haben sie oft kein eigenes Erwerbseinkommen, da sie nie in einen Arbeitsprozess starten konnten. Sie beziehen sehr oft nur eine geringe Halbwaisenpension. Bei der Antragstellung auf Mindestsicherung werden sie beauftragt, von ihren Eltern einen Unterhalt einzufordern, der sodann ebenfalls bei der Berechnung der Mindestsicherung Berücksichtigung findet. Beschämend empfinden dies viele Betroffene, die meist nach wie vor vorwiegend von ihren Eltern oder einem Elternteil in der Pflege oder im Alltag unterstützt werden, von denen sie dann auch noch Unterhalt verlangen müssen.
Tatsächlich wird hier seitens des Landes Oberösterreich die Tatsache negiert, dass Menschen mit einem Pflegegeldbezug bzw. Bezug der erhöhten Familienbeihilfe tagtäglich mit erhöhten Aufwendungen konfrontiert sind.
Der Gesetzgeber hat jedoch bei der Formulierung des Pflegegeldgesetzes sowie bei der Regelung der erhöhten Familienbeihilfe eine zumindest teilweise Abgeltung des erhöhten Pflegeaufwandes unmissverständlich beabsichtigt.
Die nach Art. 15a B-VG Vereinbarung zwischen der Bunddesregierung und Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, ist mit 1. Dezember 2010 in Oberösterreich in Kraft getreten und es wurde nach Art. 13 (3) 2,3 festgehalten welche Einkünfte nicht bei der Berechnung der Mindestsicherung herangezogen werden dürfen:
[…] „2. Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 […] und Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988);
3. Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen […] (ris.bka.at).“
Die Regelung der Mindestsicherung in Oberösterreich steht dem Willen des Gesetzgebers diametral gegenüber und ist auch aus Sicht der Behindertenrechtskonvention diskriminierend.
 
Die Mitglieder der Plattform ersuchen dringend um Beendigung der Anrechnung der erhöhte Familienbeihilfe und des Pflegegeldes. Dringend ist auch die unterhaltsrechtliche Komponente bei der Berechnung der Mindestsicherung abzustellen, um eine Perpetuierung des „Kindseins“ zu vermeiden.
 
Am 03.07.2014 wurde die diskriminierende Regelung leider bis August 2017  vom OÖ-Landtag verlängert. Heftig wurde über unsere Stellungnahme zum Thema im Landtag zwischen den Parteien diskutiert! Sehen Sie dies ab Minute 25.35 die heftige Diskussion mit LR Haimbuchner (FPÖ).
Folgend wurde die Verlängerung der bestehenden Regelung im OÖ-Landtag diskutiert. In einem Jahr gibt es eine bundesweite Evaluierung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und wir werden weiter Druck machen diese Diskriminierung von chronisch kranken und beeinträchtigten Menschen in OÖ zu beenden.
Hier sehen Sie die gültige Regierungsvorlage.
Bitte unterstützen Sie die Allianz zur Chancengleichheit für Menschen mit Beeinträchtigung in OÖ mit Ihrer Unterschrift
 
Soziallandesrätin Mag. Jahn sieht Verbesserungsbedarf bei der derzeitigen gesetzlichen Mindestsicherungsregelung in OÖ, da die Mindestsicherung keine ausreichende Absicherung gegen Armut ist.
Mag. Gertraud Jahn: „ […] im Bereich der Unterhaltsanrechnung im Zusammenhang mit Pflegegeld, da kann ich sagen, wenn nachgewiesen wird dass die Gelder für Pflege verwendet werden, dann gibt es diese Anrechnung  n i c h t  […]“.
Diese Zusage ist der Mehrheit der MindestsicherungsbezieherInnen  n i c h t  bekannt, dies wird viele kranke und sozial schwache OberösterreicherInnen finanziell ein wenig entlasten.
Obmann Jürgen E. Holzinger mit der Landesrätin im ChronischKrank-TV Interview

 
Februar 2015
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VfGH hob die Bestimmung der Oö. Mindestsicherung auf!
Auch wir mit unseren juristischen Beiräten kämpften gegen diese Benachteiligung von Menschen mit Behinderung bei der Berechnung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und nun hat nun die AKOÖ vom Verfassungsgerichtshof Recht bekommen.
Linz (OTS) – Der Verfassungsgerichtshof hat eine Bestimmung in der Oö. Mindestsicherungsverordnung wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben. Der Mindeststandard für alleinstehende volljährige Menschen mit Behinderung war im Jahr 2013 um 224,60 Euro pro Monat niedriger, als jener für Menschen ohne Behinderung. Die AK Oberösterreich hat diese Ungerechtigkeit vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft und Recht bekommen.
 
Bei Rückfragen stehen wir Ihnen ebenso gerne zur Verfügung.
Wir verbleiben mit freundlichen Grüßen Team ChronischKrank®
 
 
Plattform für gerechte Landesgesetzgebung in O.Ö.
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Fr. Mag.a Nicole Keplinger-Sitz
Schillerstraße 53/V, 4020 Linz
Tel.: 0732 603533; Fax – 20

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Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ
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Fr. Karin Holzmann
Bethlehemstraße 3/2 Stock, 4020 Linz
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Verein ChronischKrank® Österreich
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Obmann, Jürgen E. Holzinger
Kirchenplatz 3, 4470 Enns
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5 Antworten

  1. Hab nur kurz alles überlesen, weil meine 2 Töchter ( die Kleine Stufe3) endlich Mama, ohne Schule, Therapie, Psychischen- und Alltäglichen Lernphasen und „Mama dürfen wir eh unser zuhause behalte ???“ Frage, mal ausschnaufen wollen. Leider bin ich jetzt bald nicht mehr in der Lage unseren (von Opa,Oma und mir) mühsam aufgebauten Lebensstandard (ein HAUS in Österreich per Hand Ziegel-Ziegel,… aufgebaut) aufrecht zu erhalten. Da ich als, alte Jungmutter, keinen Job bekomme, der mir erlaubt nach Stundenplan von Elke, eine Arbeitsstelle zu verlassen. (Erklärung: Samariterbund kann meine Tochter nicht zur-und von der Schule holen und auch „natürlich keine Hausi“ anschließend machen“ AH,jaaa… hunger hat sie auch. Oma ist 78 Jahre und kocht noch, aber Lehrstoff ist nicht mehr zu bewältigen. Mein Lebenswille ist bald weg, da……………..:( Der Kind´svater will plötzlich das Pflegegeld für Elke, ich darf sie aber weiter Betreuen und versorgen, (Ich liebe Sie) obwohl er sowieso seid Jahren nur die hälfte Alimente zahlt, weil er denkt sowieso genug im Jahr für die 2 Mädchen ausgibt. (Ah, wenn wir in brauchen, hat er leider keine Freizeit mehr und Geld auch nie) Bin schon am Ende , denn ich ahne, dass der Staat und der Erzeuger meiner 2 tollen Mädchen, bzw. uns 3 bald von sich abhängig machen, weil mir als Mindestsicherungsnehmerin(Österreicherin + 2 Kinder + Oma + Vermögende Hausbesitzerin-Haus gebaut:1960) – kann schon den Denkmalschutz beauftragen *gggg*** alles weg nehmen. ………………………… Danke für´s lesen………..

    1. Ich wünsche euch allen viel glück,kann gut nachvollziehen wie dieses leben ist,gebt bitte nie auf und hoffe dass euch geholfen wird dass von ganzen herzen glg.brigitte mit meiner lieben beeinträchtigten tochter vanessa es ist z schreien

  2. Bin zwar nicht von OÖ sondern NÖ, bin aber in einer ähnlichen Situation. Ich bin 60 Jahre alt, leide an COPD, Asthma und 6-fachem Bandscheiben-Vorfall . Meine Frau (58) wurde 2013 wegen Speiseröhrenkrebs operiert und bekam dann Chemo. In 2015 der Krebs kam zurück mit 2 Geschwüren im Gehirn. Eines der Beiden wurde operativ entfernt, das Andere mit Chemo und Bestrahlungstherapie behandelt. Sie ist seit dem nicht mehr in der Lage den Haushalt zu führen und wir brauchen oft Hilfe Anderer(z.B. Einkauf und Heizmaterial nach oben tragen). Natürlich geben wir den Leuten dafür Trinkgeld, ist ja selbstverständlich. Meine Frau erhält Stufe2 Pflegegeld (290 Euro monatlich). Nun will uns die BH diese Summe als Einkommen anrechnen und von der Mindestsicherung abziehen. Im Pflegegeld Bescheid steht aber deutlich geschrieben, dass das Pflegegeld dabei helfen soll, für erhöhte Kosten und Aufwände aufzukommen. Wir brauchen diese 290 Euro wirklich sehr dringend und wissen nicht, wie wir ohne dem zurecht kommen sollen. Was kann ich tun?
    Mit freundlichen Grüßen,
    Anna & Gerhard S.

    1. Liebe Fr. und Hr. S. das Pflegegeld Ihrer Frau darf nur in dem Ausmaß als Ihr Einkommen angerechnet werden, in dem Sie keine kostenpflichtigen Tätigkeiten für Ihre Frau die Sie erbringen nachweisen können. Wenn jemand anderes Ihre Frau pflegt oder betreut können Sie selbstverständlich diese Kosten der BH vorlegen.
      Ich empfehle Ihnen mit dem Pflegegeldbescheid Ihrer Gattin Ihre zuständige BH aufzusuchen, dort kann dann zusammen mit Ihnen geschaut werden wofür das Pflegegeld benötigt wird.
      Bei Fragen können Sie sich gerne einen Telefontermin bei uns unter 07223 82667 vereinbaren. LG J.H.

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